Biodivers: leere Worthülse/Selbstverständlichkeit?

Mit der Umstellung auf Bio vor 5 Jahren haben wir rasch realisiert, dass der Fokus auf einen lebendigen, aktiven Boden entscheidend für den Erfolg ist. Wir achten noch mehr auf schonende Bodenbearbeitung, sowie Humusaufbau mit Kunstwiesen, Gründüngungen und Kompost. Rasch habe ich realisiert, wie wenig ich über die Zusammenhänge im und auf dem Boden weiss. Wie kann ich Nützlinge begünstigen? Wie kann ich Schädlingen wie Drahtwürmern das Leben schwer machen? Welche Kulturmassnahmen fördern gesundes Pflanzenwachstum und die natürlichen Abwehrkräfte der Kulturpflanzen? 

In diesem Jahresthema gehe ich erst auf die Elemente auf unserem Betrieb ein,  die speziell den einheimischen Wildblumen, den bedrohten Vogelarten und Insekten dienen. Im Lauf des Jahres möchte ich auch aufzeigen, dass wir uns für die Vielfalt IN den Kulturen und nicht daneben einsetzen und was wir diesbezüglich unternehmen. 


Hecken

2018 haben wir 350 Meter Hecke gepflanzt. Diese braucht in den ersten Jahren viel Pflege. Wir schätzen sehr, dass uns 2021 eine motivierte Truppe des WWF bei dieser anspruchsvollen Arbeit unterstützt hat. Hecken im Ackerland sind Heimat für Nützlinge, Futter für diverse Vögel und natürlich ideales Versteck für Feldhase Moritz und seine Familie. 


Paradies für Laubfrösche und andere Kröten

Eine Senke in unserer Wiese hat sich durch eine defekte Drainage über die Jahre zu einem flachen Weiher entwickelt. Das flache Wasser erwärmt sich rasch und bietet dem Laubfrosch ideale Bedingungen zur Fortpflanzung. Die ca. 100 verliebten Männchen vergessen in der Brunstzeit offensichtlich sogar das Fressen und verlieren bis zu 50% ihres Körpergewichtes. Hast Du gewusst, dass der kleine Grüne zu den bedrohten Amphibien in der Schweiz gehört und als einziger Einheimischer klettern kann? Die Bewohner der Häuser in der Nähe des Weihers werden von Laubfröschen, Feuersalamandern und andern Kröten rege besucht. 


Vogelparadies Hochstamm-Obstgarten

Unser Hochstammobstgarten liefert die Äpfel für den Most, den wir das ganze Jahr trinken. Davon profitiert auch unsere Primarschule. Vor über 20 Jahren hat der Kindergarten Wagenhausen für 15 Hochstammbäume Patenschaft übernommen. Eine Augenweide sind die über 100 Jahre alten Birnbäume. Unser Abnehmer zahlt auch für die Birnen einen korrekten Preis, das schätzen wir sehr. 

Um den Baumgarten für die Vögel attraktiver zu machen, haben wir 9 Nistkasten montiert, die alle bewohnt sind. Nebst kleineren Vögeln ist der Grünspecht häufig anzutreffen. Weil Turmfalke und Schleiereule ebenfalls bei uns heimisch sind, haben wir an den Scheunen zwei spezielle Nistkästen für Schleiereulen montiert. Sie werden rege besucht und wir hoffen, dass sie dort auch zu brüten beginnen. 


Weizen "Weite Reihe"

Weizen "Weite Reihe" ist eine Anbauform, die Bodenbrütern und Feldhasen mehr Lebensraum geben will. Feldhasen haben wir viele, ebenso brüten Feldlerchen und Schafstelzen in unseren Feldern. Wir wollen ihnen gute Lebensbedingungen ermöglichen. Auf unserem Betrieb ergänzen wir diese Anbauform mit der Einsaat von Kleegras. Dieses nutzt den Raum auch und wird von Insekten besiedelt, wenn der Weizen abreift. Nach der Ernte ist bereits eine neue Kleegraswiese entstanden,  Futter für unsere Kühe. 


Streifenanbau

Mit etlichen andern Biobauern engagieren wir uns im Versuch "Streifenanbau". In diesem Versuch werden mehrere Kulturen in Streifen von 3-9m Breite nebeneinander angebaut. Fachpersonen begleiten den Versuch und erheben speziell die Wirkung auf Schädlinge und Krankheiten. Bei den Zuckerrüben sind dies der Erdfloh, die Blattlaus sowie die Blattkrankheit Cercospora. Inzwischen sind wir überzeugt, dass Insekten unsere Partnerkultur Ackerbohen/Hafer sehr mögen. Heute Abend habe ich gleich drei Feldhasen gesehen. Papa Moritz mache ich keinen Eindruck. Er lässt mich bis auf 10 Meter nahe kommen ohne sich zu rühren. 


Die Artenvielfalt der Blumenwiesen gezielt fördern

Wir haben in den letzten Jahren 90 Aren Blumenwiesen angesät. Diese präsentieren sich nach einigen Jahren sehr schön. Diese Qualität wollen wir fördern und erhalten. Auf dem Bild links liegt unsere Projektfläche.  Es ist eine Naturwiese, die nach vielen Jahren extensiver Nutzung  eine beeindruckende Artenvielfalt hat. Mit dieser Wiese engagieren wir uns im Projekt "Flexibler Schnittzeitpunkt". Wir lernen das Reifestadium von Leitgräsern zu bestimmen und anhand dieser den idealen Schnittzeitpunkt zu wählen. Entscheidende Bedeutung hat auch der zweite Aufwuchs. Etliche spätblühende Blumenarten nutzen diesen, um zu Samen zu bilden.